Hintergründe für die Verlagerung von Rüstungsbetrieben
 

Mit der im Februar 1942 erfolgten Ernennung von Arthur Harris zum Oberkommandierenden des britischen Bomberkommandos startete gleichzeitig die systematische Bombardierung Deutschlands. Diese Bombardierungen erfolgten anfangs durch rein britische Bombergeschwader. Strategie von Harris war das so genannte Moral Bombing, welche die moralische Zerstörung der Bevölkerung zum Ziel hatte. Hierzu wurden gezielt Wohngebiete der Zivilbevölkerung, insbesondere der Arbeiterschicht, in den Großstädten ausgewählt. Am 29. März 1942 wurde diese Strategie bei der Bombardierung Lübecks mittels Spreng- und Brandbomben erstmals angewendet. Ende Mai 1942 erfolge der Bombenangriff auf Köln, der trotz des Abwurfes von über eintausend Bomben weniger als fünfhundert Todesopfer forderte. Die intensive Bombardierung der Zivilbevölkerung führte dazu, dass gegen Ende des Jahres 1942 Adolf Hitler seine bisherigen Anordnungen aufhob, die in seinen Augen militärisch unsinnige und bedeutungslose Angriffe auf die englische Zivilbevölkerung bisher untersagten. Von deutscher Seite erfolgten nun auch Angriffe auf die britische Zivilbevölkerung mittels der neuen V1 bzw. V2 Raketen. Militärische Auswirkungen auf das eigentliche Kriegsgeschehen und die deutsche Wirtschaft hatten die englischen Angriffe jedoch kaum. Erst mit Beginn der Bombardierung Deutschlands durch amerikanische B17 und B24 Bomber zeigten sich die ersten Auswirkungen auf Industrie und Wirtschaft. Im Gegensatz zu den Briten, setzten die Amerikaner auf gezielte Bombardements industrieller Einrichtungen und lehnte die britische Taktik zum Angriff auf die Zivilbevölkerung entschieden ab. Die Strategie der Amerikaner war es, die Wirtschaft und Rüstungsindustrie Deutschlands möglichst empfindlich zu schwächen oder zu zerstören. Hierzu sollten die existierenden Industriekomplexe des Landes gezielt und mit äußerster Präzision bombardiert werden. Die deutsche Industrie war vor allem in großen Gebieten, wie z.B. dem Ruhrgebiet konzentriert. Diese Art der industriellen Organisation stellte eine Stärke der deutschen Industrie dar, die aber auch eine große Schwäche in sich barg. In diesen riesigen Industriekomplexen bestand die Möglichkeit einer zentral organisierten Industrie. Gewonnene Rohstoffe konnten vor Ort gewonnen und anschließend verarbeitet werden, ohne dabei über weitere Strecken transportiert werden zu müssen. Auf diese Weise konnten unter anderem die Produktionszeiten verkürzt und die Kosten minimiert werden. Auf der anderen Seite konnten aber auch schon mittelschwere Schäden zu gewaltigen Produktionsausfällen führen, welche militärische Schwächung durch fehlenden Nachschub nach sich zog.

Am 5. März 1943 wurde erstmals das Ruhrgebiet von schweren Bombenangriffen der Amerikaner empfindlich geschwächt. Industriezweige für militärisch wichtige Rüstungsgüter waren ab diesem Zeitpunkt extremen Gefahren ausgesetzt. Nun bombardierten die amerikanischen Geschwader tagsüber die Industrieanlagen des Landes, während die Briten nachts ihre Flächenbombardements auf die Großstädte flogen. Mit der Zeit wurde die Schwächung der deutschen Rüstungsindustrie zusehend beunruhigender. An der Führungsspitze suchte man zunehmend nach Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem. Die Rüstungsproduktion musste unter allen Umständen aufrechterhalten werden, da Deutschland zusehends in Bedrängnis geriet.

Deutschland hatte bereits ausgiebige Erfahrungen beim Bunkerbau sammeln können. Man überlegte nun, in wie fern es möglich sein würde, Industrieanlagen in bombensicheren Bunkeranlagen unterzubringen. Mit näheren Prüfungen hinsichtlich verschiedener Standorte und Unterbringungsmöglichkeiten hatte man bereits im Mai 1943 begonnen. Die Verantwortung für Planung und Ausführung derartiger Projekte wurde den so genannten Sonderinspektionen der SS auferlegt. Man begann damit, Bunkeranlagen für diverse Rüstungsbetriebe deutschlandweit anzulegen. Diese Bauwerke waren jedoch mit langen Bauzeiten verbunden und verursachten zudem noch immense Baukosten.

Eine Unterbringung dieser Art stellte sich vor allem für größere Rüstungsbetriebe als ein nur schwer zu lösendes Problem dar. Es mussten Lösungen gefunden werden. Unter Anweisung der Führungsspitze wurde der Plan entworfen, die gesamte rüstungswichtige Industrie zu dezentralisieren. Große Betriebe sollten nun an mehreren kleineren Standorten ihre Produktion fortsetzen. Dadurch würde bei der Zerstörung einer Anlage nicht die gesamte Produktion zum erliegen kommen. Die durch eine Dezentralisierung anwachsende Menge an notwendigen Transportmöglichkeiten war dabei nur sekundär. Dennoch entstanden immense Kosten für die notwendigen Bunkerbauten, also sollte auch eine Lösung hierzu gefunden werden.

 

 
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