Die Phillips Hammerwerke in der Anlage "Stöhr I"
 
 
Hammerwerke GmbH war der Deckname für die Verlagerung von Produktionsteilen des niederländischen Philips-Valvo-Konzerns aus Eindhoven an die Porta Westfalica. Philips bezog das zwischen März und August 1944 errichtete Stollensystem im oberen Teil des Jakobsberges. Nach der Räumung von den Maschinen des Ambi-Budd Presswerkes und der Errichtung eines Aufzuges zwischen den Stollensystemen im Jakobsberg, wurden zusätliche Einrichtungen und Installationen erstellt, die für die Produktionsaufnahme des Philips-Konzerns notwendig waren. Es war beispielsweise eine zusätzliche Verlegung von Pressluft-, Vakuum-, Wasserstoff-, Stickstoff- und Gasrohrleitungen erforderlich, damit Philips die Produktion von Elektronenröhren aufnehmen konnte.
     
Ebenso war die Errichtung von vier neuen Transformatoren und acht Hochleistungsventilatoren für die Bewetterung der Anlage nötig. Die Beheizung der Anlage erfolgte durch eine provisorische, mit einem stationären Lokomotivendampfkessel betriebene Heizanlage. Diese zusätzlich notwendigen Arbeiten wurden Anfang des Jahres 1945 abgeschlossen, so daß die Produktion im Februar 1945 teilweise aufgenommen werden konnte. Von mehr als einhundert Eisenbahnwaggons mit Produktionsmaschinen aus Eindhoven, erreichten bis Oktober 1944 bereits 79 die Anlage im Jakobsberg. Vor einer Produktionsaufnahme war jedoch eine gründliche Instandsetzung der Maschinen erforderlich. Neben einem Mangel an Fachkräften war sicher auch dies für die Verzögerung der Produktionsaufnahme verantwortlich. Als Leiter der Philips-Verlagerung war Dr. Jobst vorgesehen, die kaufmännische Leitung wurde an Paul Vanderheyden übertragen. Der Mangel an Führungskräften und Facharbeitern wurde durch Anwerbungen im Philips-Betrieb in Hamburg später teilweise ausgeglichen. In einem Bericht wurde der Mangel an Fachkräften genauer erläutert, wonach insgesamt 12 Elektromechaniker, 12 Maschinenschlosser, 6 lektromonteure und 10 Rohrleger dringend benötigt wurden. Ebenso mangelte es an Produktionskräften. Die Röhrenproduktion sollte durch Zwangsarbeiter erfolgen. Aus diesem Grunde wurde in Hasberge ein Außenkommando des Konzentrationslagers in Neuengamme eingerichtet, wo eintausend Frauen für die Röhrenproduktion untergebracht wurden.
     

Im Rahmen des Projektes an der Porta Westfalica entstand aus diesem Grude eine acht Etagen umfassende Produktionsanlage für Radioröhren, welche auch unter den Decknamen "Röhrenwerke" oder "Stöhr I" bekannt wurden. Das obere Stollensystem im Jakobsberg sah man für dieses Vorhaben als am besten geeignet an.Für eine schnelle Produktionsaufnahnme wurde der Philips-Konzern vom Sonderring für die Elektroindustrie und der SS-Sonderinspektion unterstützt. Die Kosten der gesamten Verlagerungsaktion für die Hammerwerke beliefen sich auf schätzungsweise 10 Millionen Reichsmark. Die Rüstungsproduktionroduktion von elektronischen Bauteilen und Ausrüstungsgegenständen war bis zum November 1944 kontinuierlich gestiegen, wobei 1943 bereits etwa 70 % der Elektroindustrie für die Rüstung produzierte.

Durch die Bombenangriffe Ende 1944 wurde jedoch eine Dezentralisierung und Verlagerung dieser Produktionszweige immer notwendiger, zumal die Bauteile, die hier produziert wurden, für beispielweise die Flugzeugproduktion und Herstellung der "Wunderwaffen" dringenst benötigt wurden. Besondere Versorgungsprobleme gab es bei Großtransformatoren und Radioröhren.

 
 
Die erste Etage der Anlage beherbergte das Maschinenhaus und die notwendigen Werkstätten zur Instandhaltung und zum Betrieb der Anlage.Hier waren die Kompressoren für Pressluftanlage, sowie die Tanks und Kompressoren für die benötigten Gase, wie z.B. Wasserstoff und Stickstoff untergebracht. Außerdem standen hier die für den Produktionsbetrieb notwendigen Vakuum-Pumpen. Die erste Etage umfasste eine Fläche von 1.003 Quadratmetern.
   
 
In der zweiten Etage waren die Fertigungsabteilung für die Unterteile und die Produktion der Elektronengitter untergebracht.Hier wurden neben den Elektronengittern die Röhrensockel gefertigt, mit denen die Röhren später in die entsprechenden Geräte eingesteckt oder eingelötet werden konnten.Die zweite Etage umfasste eine Fläche von 1.109 Quadratmetern.
     
 
Auf der dritten Abteilung befanden sich die Fertigung der Glaselemente, sowie die Abteilung für die Materialprüfung. Hier wurden die einzelnen, produzierten Komponenten der Elektronenröhren überprüft. Außerdem wurden hier die Glaskuppeln für die Röhren hergestellt. Die dritte Etage umfasste eine Fläche von 1.507 Quadratmetern.
     
 
Auf dieser Etage befand sich die Einrichtung für die Endmontage der Röhren. Die einzelnen Komponenten wurden hier zu den fertigen Elektronenröhren zusammengesetzt. Die vierte Etage umfasste eine Fläche von 925 Quadratmetern.
     
 
Die fünfte Etage diente ebenfalls für die Endmontage. Wahrscheinlich wurden die Röhren auf den zwei entsprechenden Etagen in zwei Stufen endmontiert. Die fünfte Etage umfasste eine Fläche von 1.473 Quadratmetern.
     
 
In der sechsten Etage befand sich die Abteilung für die Endprüfung der produzierten Röhren. Hier wurde die Produktionsqualität überwacht und eventuelle Mängel weitergeleitet.Die sechste Etage umfasste eine Fläche von 1.119 Quadratmetern.
     
 
Die siebte Etage beherbergte die Versandabteilung. Hier wurden die produzierten Röhren verpackt und an die betreffenden Versandwege wie z.B. Bahn oder LKW weitergeleitet. Neben der Versandabteilung war auf dieser Etage auch das Labor der Anlage untergebracht. Seine Aufgabe war es unter anderem, neue Produkte zu entwickeln und vorhandene Mängel zu beseitigen. Die siebte Etage umfasste eine Fläche von 1.079 Quadratmetern.
     
 
In der achten Etage befand sich eine weitere Abteilung zur Komponentenfertigung. Hier wurden die Kathodenelemente für die Röhren produziert. Die achte Etage umfasste eine Fläche von 100 Quadratmetern.
 
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