Die Demontage der Anlage "Dachs I"
 

Auszug aus dem Gutachten des Geologischen Landesamtes Düsseldorf :

Die bei weitem größte Anlage, deren Zerstörung die bedeutendsten Schwierigkeiten bereiten würde, ist die Ölraffinerie. Die Sohle ihre nördlichen Holräume (Räume 1-4, 5a-d, 6-9) liegt auf gleicher Höhe (54 m ü. NN), während die, im südlichen Teil angelegten Stollen 5 E, 10, 11, 12, 13, & 14 höher (59 m ü. NN, Raum 10 sogar 63 m ü. NN) liegen. Die Anlage hat Schicht Nr. 4 ausgehöhlt und ist vom Tonschiefer sowohl überdeckt (Schicht Nr. 5) als auch unterlagert (Schicht Nr. 3). Sowohl diese beiden Tonschieferpacken als auch das unter Schicht 3 folgende Cornbrash Gestein der Schicht Nr. 2 sind in die Anlage mit einbezogen. Bereits von außen zeigt ein Blick auf den steilen Berghang, in dem diese Anlage vorgetrieben ist. (Anlage 2, Abb. 6), dass die ins Gebirge gebrochenen Hohlräume mehrfach das Hangende des Sandsteins von Schicht Nr. 4 anschneiden . So liegen die beiden Eingänge nördlich des Haupteinganges bereits mit ihrer Firste im Ton der Schicht Nr. 5 , einem für Stollenanlagen natürlich höchst ungeeigneten Gestein : dessen geringe Standfestigkeit geht schon daraus hervor, dass tatsächlich der südlichere dieser beiden Eingänge bereits 1946 in der Nähe des Eingangs zu Bruch gegangen ist .

Der nördlichste Ausgang auf dem Plan (Anlage 1), das Stollenmundloch zum Stollen 6 - ist teilweise Ausgekleidet und durch Mauerwerk stark abgefangen. Ferner zeigt der Anblick des Berghanges, dass die Luftschächte der Raume 1 und 2 teilweise auch schon das Hangende der Schicht Nr. 4 durchbrochen haben (Anlage 2, Abb. 6 und 8). Auch das liegende der Schicht Nr. 4, der tonige Mergelschiefer der Schicht Nr. 3 , ist in der Anlage der Ölraffinerie mehrfach aufgeschlossen. Bereits in (Wort nicht Lesbar) trifft man diesen, durch seinen Glimmerreichtum sofort leicht zu erkennenden Mergelschiefer an (Anlage 2, Abb. 13), ein Profil, das in der Nähe des Eingangs, etwa parallel zum Berghang (siehe Anlage 1, sowie Anlage 2, Abb. 8) gezogen wird zeigt, das die Hohlräume in diesem Schiefer bis an Schicht Nr. 5 alle Schichtglieder im vorderen Teil der Anlage durchlaufen . Schicht 3 trifft man ferner im hinteren Teil des Stollens 6. Ebenfalls gehören zu ihr jener glimmerreicher, sandiges Tonschiefer, der im Berginneren am Ende von Stollen 4 und 13, sowie am Anfang des hinteren Luftschachtstollens (Stollen 16) aufgeschlossen ist. Auch Teile der Stollen 5b, 5e,5d und 14 müssen in diesen Schiefer angelegt sein, doch sind diese Hohlräume allseitig mit Ziegelmauern verkleidet und am Ende zugemauert, so dass das Anstehende nicht zu beobachten ist. Ein Profil quer durch den mittleren Teil der Anlage (Profil e- f ; siehe Anlage 1 , Plan; Anlage 2 Abb. 4) zeigt, dass bis dahin noch die Hohlräume allein im Sandstein von Schicht Nr. 4 liegen; aber ein durch den hinteren Teil der Anlage gelegter Schnitt (Profi1 a-b, siehe Anlage 1) veranschaulicht, dass dort vorwiegend der liegende Schiefer der Schicht Nr. 3 ansteht. Das unter diesen Schiefern folgende Schichtglied Nr. 2, die groben Kriechsandsteine des Cornbrash, findet man endlich in der tiefsten Kammer im Berginneren, im Raum 9 aufgeschlossenen in Gestalt eines grobkörnigen Sandsteins. Ferner sind sie im Luftschachtstollen 16 zu finden (siehe Profil a - b der An1age 1). Alle diese Schichten unter dem Sandstein der Schicht 4 sind, genau so wie der hangende Ton , wenig standfest und haben daher beim (nicht lesbar) gerade des hinteren Teils der Raffinerie starke Untermauerungen, Firstsicherungen und Verkleidungen notwendig gemacht. Als besonders ungünstig erwies sich die, absolut genommen nur geringe Wasserführung von Schicht 4 zu Schicht 3. Sie ist am besten zu beobachten im Querstollen der die nordwestliche Fortsetzung von Stollen 16 darstellt, zwischen den Stollen 6 und 5e, wo trotz aller Verkleidungen ständig aussickerndes Wasser die Sohle überspült hat. Auch die hangenden Teile der Schicht Nr. 2 im Luftschachtstollen 16 Wasser führend ist. Da dort die Schachtanlage im Ausbau unterbrochen ist undnur wenige Verkleidungen angelegt sind, bricht das Gestein ständig nach. So zeigt bereits der Überblick über die von der Anlage durchlaufenen Schichten, dass Partien der unterirdischen Raffinerie allein schon durch die Gesteinsbeschaffenheit in Bezug auf Standfestigkeit besonders ungünstig angelegt sind; der hintere Teil (d.h. der Bereich der Räume 5e, 5d ,5 und 9, 4, 16, und der letzte Teil von Stollen 6) und besonders die nördlichen Teile der eingansnahen Partien (das beinhaltet die Eingänge und die daneben liegenden Räume 1 - 2). Ein weiterer Faktor, der bei einer gewaltsamen Zerstörung ganz besonders zu berücksichtigen wäre, ist das, die Anlage durchziehende Kluftsystem.Die Kluft, die man am Fuße des Berghanges vor der Raffinerie, 5 m links (nördlich) vom Haupteingang beobachten kann (Anlage 2, Abb. 6), ist kein zufälliger Bruch, sondern eine von den vielen zahlreichen Klüften, die mit Nord West / Süd Ost Streichen das ganze Gebirge durchziehen und regelmäßig nach Süd Westen hin einfallen.

 

 

 

Während allein durch den Wechsel der verschiedenen Schichten die Standfestigkeit der Anlage im Berginneren, hinteren Teil einerseits, im hangnahen vorderen, andererseits herabgemindert ist, erfasst die zusätzliche Schwächung der Standfestigkeit des Berges durch das Kluftsystem die Gesamtheit der Anlage. Welche Folgen hat nun diese geologische Position für eine Zerstörung des Betriebes ? Es versteht sich von selbst, dass die Klüfte bei einer gewaltsamen Erschütterung als Ablösungsflächen dienen. Bei der Steilheit des Berghanges würde das bedeuten, dass sich die Felspartien entlang NW - SO verlaufenden Linien Ablösen und in Richtung nach SW abgleiten würden. Das heißt also gerade in Richtung auf die Straße, Eisenbahn und Weser.Diese Klüfte die auf mehreren Skizzen veranschaulicht worden sind (Anlage 2, Abb. 10, 12 und 16) , streichen generell zwischen 120 - 170 Grad; die bei weitem meisten Werte liegen um 140 Grad. Sie fallen regelmäßig mit durchschnittlich 60 - 90 Grad nach S / W ein, und zwar mit einer gerade zu auffälligen Konstanz. Ein Einfallen nach Norden ist nirgends beobachtet worden. Auch konnte kein Unterschied zwischen der Ausbildung der Kluft im Berginnern und der in Hanghöhe festgestellt werden.

Die zu beiden Seiten des Stolleneingangs beobachteten Klüfte (Anlage 2, Abb. 10 und 12) und die, in dem hangnahen Raum 1 (Abb. 15 und 18 ) und 11 (Abb. 13) oder auf der Wand gegenüber Raum 2 (Abb. 14) haben die selbe Beschaffenheit wie jene in Stollen 12 (Abb. 16) oder in tieferen Teil des Stollens 6 (Abb. 17) . Es handelt sich um einfache, hier (im Gegensatz zu denen der Phillips Röhrenfabrik) nur selten klaffende Klüfte, an denen kein Vorsatz der Schichten erfolgt ist.

Bei einem solchen Rutsch würden die weichen tonigen Schichtglieder (Schicht Nr. 3 und 5) als Schmier – und Gleithorizonte wirksam werden, über die hinweg dann die harten Gesteinspartien abwärts rutschen würden. Somit lässt sich schon ganz allgemein sagen, dass das Kluftsystem in Verbindung mit der Gesteinsbeschaffenheit jede gewaltsame Erschütterung des Berges, etwa durch Sprengungen in der unterirdischen Anlage, zu einem gefährlichen Vorhaben macht. In der Stellungnahme des Commerce & lndustry Group Control Office, Basic Industries, Section 488 HQ . , CCG . , ( BE ) , B.AO. PR 21, vom 11 . November 1947 zur Zerstörung der Raffinerie werden fünf Maßnahmen vorgeschlagen, die den Betrieb endgültig verwendungsunfähig machen sollen. Zu ihnen ist von geologischem Standpunkt zu sagen :

Maßnahme 1 - Einsturz der jetzigen Eingänge

 

Von der Ausführung dieser Maßnahme muss dringend abgeraten werden. Es lässt sich mir Sicherheit vorhersagen, dass wenn man die Stützpfeiler zwischen den Eingängen oder den Räumen 1, 2, 3, 10 und 11 wegnimmt, zwangsläufig der ganze Berghang in Bewegung geraten muss. Er würde sich wahrscheinlich entlang den Klüften vom Berg lösen. Und wenn die Hohlräume, die in die Schicht 4 vorgetrieben sind, plötzlich zusammen brechen, würde über, die als Schmiermittel wirkende Schicht 5, diese Hangpartie abgleiten. Die Richtung des Abgleitens würde durch die Einfallrichtung der Klüfte vorgeschrieben werden. Das heißt : Der Rutsch würde in Süd / Westlicher Richtung erfolgen, mit ziemlicher Sicherheil die Verkehrsstraße, mit großer Wahrscheinlichkeit die Bahn möglicherweise die Weser zuschütten. Ein Profil, das Stresse und Berghang schneiden, west - östlich durch den unterirdischen Betrieb gelegt ist (Profil p-q; Anlage1; Anlage 2. Abb. 19) veranschaulicht diese Gefahren deutlich.

 Maßnahme 2 - Ausfüllung der Eingänge mit Eisenbeton und

 Maßnahme 3 - Verschließung der Zugänge mit Eisenbetonklötzen, die an den Seiten verankert sind und einen schmalen Zwischenraum zwischen dem Scheitel der Klötze und da Firste frei lassen.

Diese Maßnahmen gefährden nicht die Bergstruktur. Gegen sie sind daher von geologischem Standpunkt keine Einwendungen zu machen.

Maßnahme 4 - Auffüllung des Luftschachtes mit herunter gesprengtem Felsgestein und Nachschütten von Zementbrüchen.

Auch diese Maßnahme dürfte sich ebenfalls kaum nachtteilig auf die Struktur des Berges auswirken, wenn sie mit der nötigen Vorsicht vorgenommen wird.

Maßnahme 5 – Einsturz der Hohlräume selbst, beginnend vom äußersten Ende und fortgeführt bis zum Eingang.

Diese Maßnahme wird zwar dahin gehend erläutert, dass sie nur anwendbar sei, wenn die Auslösung heftiger Erschütterungen auf ein Mindestmaß reduziert werden würden. Aber selbst mit dieser Einschränkung scheint sie uns in der hier vorgeschlagenen Form große Gefahrenmomente zu bergen. Allenfalls ließe sich eine vorsichtige Sprengung in den berginnersten Räumen und Stollen (Räume 50 – 5, hinterer Teil von Raum 4, Raum 9 und 14) verantworten, unter der Voraussetzung, dass hier nacheinander und nicht gleichzeitig gesprengt wird. Schon im mittleren Teil der Anlage ist von Sprengungen oder anderen gewaltsamen Erschütterungen abzuraten. Wenn vollends im vorderen Teil (Räume 4, 5a, 12 und vorderer Abschnitt von 6) eine Sprengung vorgenommen wird, so besteht die Gefahr eines Bergrutsches, wie er unter ähnlichen Voraussetzungen tatsächlich auch bei der höher gelegenen Anlage der Philips Röhrenfabrik früher schon erfolgt ist. Es könnte dabei zu denselben Folgen kommen wie bei einer Sprengung der Eingänge. Selbst, wenn aber im Augenblick der Sprengung noch keine Wirkung eintreten würde, würde durch die Erschütterung das Gefüge des Berges derartig aufgelockert werden, dass jeder Zeit die Gefahr besteht, dass aus kleinem Anlass später ein Rutsch erfolgen kann.

Zusammenfassend kann man sagen : Wahrend sich gegen eine Ausführung der vorgeschlagenen Maßnahmen 2, 3 und 4 vom Standpunkt des Geologen keine Bedenken erheben, wird von der Durchführung der Maßnahme 1 abgeraten und die Maßnahme 5 nur dann für ungefährlich gehalten, wenn sie sich auf eine vorsichtige, nach und nach erfolgende Sprengung der hinteren Räume beschränkt.

Man kam zu der Überzeugung, den Eingang wie vorgeschlagen mit Eisenbeton zu versiegeln. Darüber hinaus wurden nach der Demontage der Maschinen die Zwischendecken durch Sprengungen zum Einsturz gebracht. Die Luftschächte wurden ebenfalls durch Eisenbeton versiegelt.

 

 

   
Foto : © J. Bergmann

 

 
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